Familienunternehmen am digitalen Scheideweg

Das digitale Zeitalter lässt traditionelle Geschäftsmodelle zerbrechen und rasend schnell neue entstehen. Was die digitale Revolution für Familienunternehmen und Startups bedeutet und ob sie davon sogar profitieren können, ergründete am 22. Jänner ein Workshop der Privatbank Gutmann in Kooperation mit dem Business Angel Institute. Bei der Podiumsdiskussion teilten Florian Selch, Geschäftsführer von Morawa Cargoe Logistics und Gründer der Morawa4Future Group sowie Michael Ströck, Gründer von KochAbo.at, ihre Erfahrungen.

 

NASA-Forscher wird Unternehmer
Vor rund 60 Investoren, Unternehmern und Managern sprach Selch über die sich rasant verändernden Rahmenbedingungen für Morawa: “Wenn Buchhandlungen zusperren und immer weniger gedruckte Zeitungen und Zeitschriften abonniert werden, dann trifft das auch uns als Presse- und Buchvertrieb.” Florian Selch, dessen Vater Emmerich Selch bereits in dritter Generation das Traditionsunternehmen führt, reagierte auf diese Umwälzungen mit innovativen Erneuerungen im Logistikunternehmen und trug entscheidend zu einer innovationsfreundlicheren Unternehmenskultur bei. Dabei interessierte sich der ehemalige Wissenschaftler ursprünglich gar nicht für das “Business”. Das änderte sich erst, als er für die NASA als “Space Research Scientist” arbeitete. Das Forschungszentrum der NASA befindet sich nahe dem US-amerikanischen Startup-Mekka Silicon Valley und so kam der studierte Molekularbiologe in Kontakt mit der dortigen Gründerszene. Selch faszinierte die enorme Kraft und Geschwindigkeit mit der Innovationen im Silicon Valley vorangetrieben werden. Aus dieser Begeisterung heraus wurde er später selbst als Business Angel aktiv.

 

Auf der Suche nach Innovation
Zurück in Österreich gründete er die Morawa4Future Group. Ziel der Gruppe ist es, neue Geschäftsfelder zu finden, die das dichte Vertriebsnetzwerk von Morawa optimal ergänzen. 2013 beteiligte sich das Unternehmen an KochAbo.at. KochAbo kreiert Rezepte und liefert sie gemeinsam mit den passenden Lebensmitteln zu den Kunden nach Hause aus. Morawa übernimmt dabei die Auslieferung der Boxen im Zuge der Zeitungs- und Zeitschriftenzustellung. “Damit kann KochAbo als einziges Unternehmen österreichweit eine flächendeckende Lebensmittelzustellung garantieren”, erzählte KochAbo-Gründer Michael Ströck. Als Sohn der Großbäcker-Familie Ströck trägt er das unternehmerische Gen in sich, wobei das Unternehmen auf sehr ungewöhnlichen Wege entstand: Ein Investor des Inkubator i5invest kontaktierte ihn und gemeinsam überlegten sie, welche bestehenden Geschäftsmodelle gut ins Internet übertragbar wären. Es war schlussendlich eine Mischung aus analytischem Vorgehen und geschäftlichen Instinkt, die zu KochAbo führte. Dabei hatte Ströck anfangs mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen: “Der Markt für Lebensmittelzustellung war de facto nicht vorhanden, damit auch keine Logistik und auch keine Stimulation der Nachfrage. Wir hatten nicht das Problem von zu viel Konkurrenz, sondern von zu wenig!” Doch auch die Finanzierungsmöglichkeiten seien in Österreich ein Problem: “Es tut sich zwar sehr viel, aber die Startup-Szene in Österreich ist sicher noch in den Kinderschuhen.”

 

Startup-Investment sind aufwendig
Berthold Baurek-Karlic, Moderator des Abends, Managing Partner von Venionaire Capital und Mitgründer des Business Angel Institutes, sieht ein Problem in den geringen Erfahrungen mit Angel bzw. Venture Capital Investments: “Der Wille und das Geld zu investieren sind da, aber für institutionelle Investoren ist Venture Capital noch nicht transparent genug. Das Management, die Strategie und die abgebildeten Prozesse müssen sehr hohe Standards erfüllen. Bei Venture Capital geht es darum die richtigen Technologien zum richtigen Zeitpunkt in ein Portfolio zu holen und in Folge sehr schnell zu entwickeln. Einzelne Exits werden gerne als Referenz für besondere Leistungen aufgezeigt, aber bei einem Venture Capital Fonds kommt es darauf an, wie gut das gesamte Portfolio gemanagt wurde – das betrifft einerseits den Verkauf der besten Firmen, aber auch ein solides Risikomanagement für all jene Firmen die unter den Erwartungen geblieben sind. Diese Anforderungen verlangen nach erfahrenen Investmentmanagern und Unternehmern im selben Team, eine Mischung die man selten findet!” Partner von Venionaire und KPMG haben deshalb gemeinsam einen Investorenclub (www.superangels.club) gegründet, der genau diese Erwartungen erfüllt.

Professionell investieren als Business Angel

Professionelle Frühphasen-Investoren sind entscheidend für die Entwicklung eines Startup-Ökosystems, wirken sie doch wie ein Düsenantrieb für junge Unternehmen, indem sie neben Kapital auch ihre Erfahrung und ihr Netzwerk einbringen. Umgekehrt finden Investoren in Österreich sehr attraktive Beteiligungsmöglichkeiten vor, nachdem ein überschaubares Angebot an Wagniskapital auf eine stark wachsende Nachfrage trifft. Zudem verfügt Österreich über zahlreiche Talente, einen sicheren Rechtsrahmen und großzügige öffentliche Förderungen – warum also gibt es nicht mehr Frühphasen-Investoren?

 
Hohes Spezialwissen gefordert
Ein Grund ist die Komplexität solcher Investments und die damit verbundenen hohen Anforderungen an Wissen und Fähigkeiten. Selbst erfahrene Unternehmer und Gründer, die etwa nach einem Exit investieren wollen, sehen sich plötzlich mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Das reicht vom Aufbau eines hochwertigen Dealflows, über die Methodik zum effizienten Durchleuchten und Beurteilen der Startups, bis zum professionellen Monitoring und Management des eigenen Portfolios. Diese Grundlagen werden jedoch weder an Universitäten noch in anderen Bildungseinrichtungen umfassend vermittelt.
 
Lehrgang für professionelle Angel-Investments
In diese Lücke stoßen wir mit unserem sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf das Format runderneuerten Early Stage Investment Lehrgang vor. Besonderes Augenmerk wurde auf die größtmögliche Entscheidungsfreiheit gelegt, wie Herwig Rollett, Präsident des Business Angel Institutes, erklärt: „Uns ist die Mitbestimmung der Teilnehmer sehr wichtig. Das fängt bei der Auswahl der Präsenz-Termine für unsere vielbeschäftigte Zielgruppe an und geht bis zur Abstimmung über konkrete Praxisbeispiele, mit denen wir das vermittelte Wissen nochmals durchspielen.“ Das Kursprogramm gliedert sich in zwei Teile: Im ersten Teil – „Pre-Investment“ – lernen Teilnehmer einen Investmentprozess professionell auf- und umzusetzen, von der Unternehmensbewertung über die Ressourcen- und Finanzplanung bis hin zu wichtigen Terms bei Verhandlungen. Der zweite Teil – „Post-Investment“ – dreht sich um notwendige Schritte nach dem Investment und beinhaltet Übungen und Vermittlung für Methoden für das aktive Portfolio-Management, Business Development, Folgefinanzierungen und dem erfolgreichen Verkauf der eigenen Anteile. Der Lehrgang richtet sich gezielt sowohl an aktive Investoren, die ihr Know-how und ihre Methodenkompetenz weiter verfeinern wollen, als auch Virgin Angels, deren erste Investments noch bevorstehen.