Business Angels und ihre Netzwerke

In der österreichischen Startup-Szene finden sich zahlreiche Förderer und Service-Provider für Entrepreneure und solche, die es werden wollen. Universitäre und private Co-Working Spaces, hilfreiche Berater, institutionelle Investoren, Privatinvestoren, Business Angels und öffentliche Geldgeber schaffen in dieser dynamischen Szene ein regelrechtes Ökosystem für Gründer in Österreich.

Einerseits versuchen Gründer Brücken zu frischem Kapital zu schlagen und natürlich auch fachliche Unterstützung bei der recht risikoreichen Gründungsphase zu bekommen, andererseits sind vermögende Privatinvestoren auch laufend auf der Suche nach spannenden Investmentoptionen in potenziell künftige Highflyer. Damit Business Angels nun auch tatsächlich geeignete Beteiligungsmöglichkeiten finden beziehungsweise einen guten Dealflow generieren können sowie über aktuelle Innovationen und Technologietrends erfahren, allfällige Co- oder Folgeinvestoren finden, aber auch über regulatorische Entwicklungen (Aufsichtsrecht, Steuerrecht, Gesellschaftsrecht) am Laufenden bleiben ist einiges zu tun.

 

Im Wirtschaftsjahr 2012 Jahr verzeichnete die i2 – Die Börse für Business Angels rund 480 Projektanfragen kapitalsuchender Unternehmen, von denen nach einer sorgfältigen Recherche, Analyse und Bewertung der Technologie, des Gründerteams und der Marktpotenziale schließlich 61 Startup-Projekte auf der aws Business Angel Börse gelistet wurden. Besonderen Wert wird auf die rasche und unbürokratische, aber qualitativ hochwertige Vorselektion gelegt – vor dem Hintergrund Startup-Ideen mit realem Entwicklungspotential von unstrukturierten und unrealistischen Vorhaben zu trennen. Business Angels sind Personen mit Ecken und Kanten, aber in der unternehmerischen Praxis sehr effektiv. Der Vermittlungsprozess zwischen Investoren und Unternehmern nimmt auf diese Gegebenheiten besondere Rücksicht. Derzeit sind in diesem Netzwerk rund 200 Angel Investoren registriert. In Summe konnten über i2 über 80 Frühphasen Beteiligungen erfolgreich vermittelt werden, die Vermittlungsleistung ist im ersten Quartal mit sechs neuen Abschlüssen progressiv.

Seit Neuestem bietet i2 auch ein spezielles Beteiligungscoaching an. Derzeit stellen 10 ausgewählte Unternehmen mit facheinschlägiger Praxis und Beratungserfahrung ihr Können den frisch gelisteten, kapitalsuchenden Unternehmen zur Verfügung. Wir wollen die i2 Beteiligungsquote weiter erhöhen, indem wir dafür sorgen, dass Gründer besser vorbereitet und verhandlungssicher auf ihre ersten Business Angels treffen. Da geht bisher viel Gutes verloren, einfach weil grundlegendes Verhandlungs-Know-How und eine professionelle Beteiligungsstrategie schlichtweg fehlt.

Wer Sicherheiten vorweisen kann, der bekommt in den meisten Fällen auch einen Kredit von seiner Hausbank. Ungleich schwieriger haben es diejenigen mit wirklich neuen Ideen und mangelndem privatem Vermögen. Was Banken nicht besichern können, das finanzieren sie nicht.

Nicht ohne Grund heißt Kapital für innovative Gründer auch Risikokapital: Wenn die Idee scheitert, ist auch das investierte Geld des Investors weg.

Business Angels sind zwar grundsätzlich auf Diskretion bedacht, vernetzen sich aber auch in dem einen oder anderen einschlägigen Netzwerk, wo sie auf Gleichgesinnte und Interessensvertreter treffen. Auf der Webseite des European Business Angel Network sind viele regionale, europäische Angel-Clubs und Business Angel Netzwerke vertreten. Das EBAN wurde übrigens auch unter Mitwirkung von i2 gegründet. Seither konnten laufend wertvolle Inputs und Prozesse in Österreich übernommen werden, auch ein Grund für die nun aktive Szene. Aber auch hier bildet sich einiges neu, seit 2012 wurde Business Angels Europe gegründet, um als Premiumnetzwerk für nationale Business Angel Netzwerke ihre Interessen und Forderungen international zu vertreten. Für Österreich stellt i2 das ABAN (Austrian Business Angel Network) dar.

 

Gastautor Mag. Bernd Litzka ist Leiter der i2 – Die Börse für Business Angels des Austria Wirtschaftsservice. Als Investmentmanager mit eigener unternehmerischer Erfahrung in den USA wie auch in Österreich kombiniert er wirtschaftliches und technisches Verständnis.

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Herausforderungen für Business Angels bei der Beteiligung an Jungunternehmen

Bei der Entscheidung, in ein bestimmtes Jungunternehmen zu investieren, stehen Business Angels, insbesondere neu am Markt tätige, vor spezifischen Herausforderungen. Im Folgenden sollen die am häufigsten auftretenden Herausforderungen kurz beleuchtet und Lösungsansätze skizziert werden, wobei dieser Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Erwartungshaltung Gründer vis-a-vis Business Angel

Unternehmensgründer haben zumeist kein oder nur geringes Vorwissen über die Tätigkeit von Business Angels. Oft setzen sie sich erstmals mit Business Angels auseinander wenn ihr Geschäftsmodell erste Erfolge erzielt hat und sie rasch zusätzliches Kapital benötigen, um erforderliche Erweiterungsinvestitionen tätigen zu können.

Die hohen Ansprüche an erwartete Rendite beziehungsweise Gewinnbeteiligung und Mitspracherechte in der Unternehmensführung, die Business Angels aufgrund des hohen Risikoprofils ihrer Tätigkeit notwendigerweise stellen müssen (die Mehrheit der Jungunternehmen wird innerhalb weniger Jahre ab Markteintritt insolvent), sind für Gründer oft überraschend und erscheinen ihnen überzogen. Hier ist es wichtig, dass Business Angels gegenüber Gründern von Anfang an in einer leicht nachvollziehbareren Weise erklären, wie ihr Geschäftsmodell funktioniert und mit welchen Risiken sie konfrontiert sind, sodass Gründer verstehen, was ein Business Angel leisten kann, wo er einen Mehrwert für das Unternehmen bringen kann, und welche Anforderungen aus Sicht des Business Angels vor einer Beteiligung an einem Unternehmen erfüllt sein müssen.

Verhandlungen mit den Gründern

Nicht selten kommt es vor, dass mehrere Gründer, die beabsichtigen, gemeinsam eine innovative Geschäftsidee zu realisieren, ihre gemeinsame unternehmerische Tätigkeit beginnen, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wie einerseits die täglichen operativen Geschäftsführungsentscheidungen und andererseits die strategischen Entscheidungen zu treffen sind, falls keine Einigkeit zwischen allen Gründern hergestellt werden kann. Gerade der Einstieg eines externen Investors stellt eine erste Bewährungsprobe dar, bei der unterschiedliche Meinungen bei den Gründern leicht vorkommen können.

Aus Sicht des Business Angels ist es ratsam, sich vor einer Beteiligung die Homogenität und Entscheidungsfindung innerhalb der Gründer genau anzusehen und nach Möglichkeit auch zu testen.

Beim Einstieg des Business Angel ist ein Beteiligungsvertrag mit den Gründern zu verhandeln. Dabei ist aus Sicht des Business Angel wichtig, eine Ansprechperson zu haben, die als Vertreter für sämtliche Gründer agiert. Keinesfalls sollte sich ein Business Angel darauf einlassen, laufend mit wechselnden Personen aus dem Kreis der Gründer zu verhandeln, das Risiko von Missverständnissen und einem unbewussten (oder bewussten) Abrücken von bereits vereinbarten Konditionen ist zu groß.

Abgesehen vom Einstieg des Business Angel ist es auch für den weiteren laufenden Geschäftsbetrieb essentiell, dass innerhalb der Gründer ein Willensbildungsprozess implementiert ist, der eindeutig regelt, wie Entscheidungen im Fall von Meinungsdifferenzen innerhalb der Gründer herbeigeführt werden. Insbesondere bei einer geraden Anzahl von Gründern ist klar zu regeln, wie mögliche Pattsituationen (zum Beispiel zwei Gründer stimmen für, zwei gegen eine bestimmte Maßnahme) vermieden werden beziehungsweise wie damit umgegangen wird ohne die Handlungsfähigkeit des Unternehmens zu beeinträchtigen. Der Business Angel sollte darauf bestehen, dass ein entsprechender Entscheidungsprozess innerhalb der Gründer schriftlich fixiert wird. Hierzu kommen insbesondere Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und ein allfälliger Syndikatsvertrag (Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern) in Betracht.

Due Diligence Prozess

Aufgrund fehlender beziehungsweise einer nur sehr kurzen Unternehmenshistorie ist die Datenmenge, die einem Business Angel vor seinem Einstieg zur Prüfung zur Verfügung gestellt wird, regelmäßig sehr klein und lässt naturgemäß keine oder nur eine sehr vage Einschätzung der möglichen zukünftigen Geschäftsentwicklung zu.

Aus diesem Grund ist der Business Angel bei seiner Due Diligence vor einem Einstieg im Wesentlichen auf folgende Kernthemen beschränkt, denen er dafür aber umso mehr Aufmerksamkeit widmen sollte.

Beurteilung der Gründer / des Managements

Traut der Business Angel den Gründern das erforderliche Engagement und vor allem Durchhaltevermögen zu, insbesondere die Fähigkeit, mit anfänglichen Misserfolgen umzugehen? Hier empfiehlt sich ein umfassender Background-Check und ausreichend Zeit einzuplanen, um die Gründer fachlich und persönlich kennen zu lernen.

Vorbereitung

Sind die Gründer gut vorbereitet, haben sie den Zielmarkt und die Wettbewerber ausführlich analysiert oder handeln sie nur aufgrund von Ideen, die noch keiner kritischen Analyse / Prüfung unterzogen wurden?

Plausibilität

Decken sich die Markteinschätzungen der Gründer mit denen des Business Angels aufgrund seiner Erfahrungen aus früheren beziehungsweise anderen Transaktionen, Gesprächen oder sonstigen Kenntnissen des Business Angels über den Zielmarkt? Hier ist naturgemäß ein Business Angel im Vorteil, der sich auf einen bestimmten Markt spezialisiert und ein entsprechendes Know-how erarbeitet hat.

Kostenkontrolle

Ist die Aufwandsplanung der Gründer für die nächsten Jahre realistisch? Während der zukünftige Umsatz bei einem Jungunternehmen naturgemäß sehr ungewiss ist, sind die erforderlichen Kosten, um eine bestimmte Geschäftsidee umzusetzen, zumindest von Branchenkennern in der Regel recht gut einschätzbar. Hier kann der Business Angel aufgrund seiner Erfahrung bei früheren Transaktionen bereits vor einem Einstig einen Mehrwert für das Jungunternehmen leisten und zugleich prüfen, ob die Gründer gut vorbereitet sind und von realistischen Annahmen ausgehen.

Commitment der Gründer

Welches persönliche Commitment sind die Gründer bereit einzugehen? Trachten die Gründer danach, jede persönliche Haftung für Verbindlichkeiten ihres Unternehmens zu vermeiden und soll das Kapital des Business Angels in erster Linie zur Auszahlung eines erfolgsunabhängigen laufenden Gehalts für die Gründer eingesetzt werden, sodass die Gründer bei Scheitern ihrer Geschäftsidee kaum Nachteile zu tragen haben oder sind die Gründer von ihrer Geschäftsidee so überzeugt, dass sie auch bereit sind, signifikante Risiken hinsichtlich ihres Privatvermögens einzugehen? Welche Arbeitsleistungen haben die Gründer in der Vergangenheit erbracht beziehungsweise wie planen sie ihre zukünftigen Arbeitsleistungen? Handelt es sich nur um eine Idee, die die Gründer mit halbem Engagement nebenbei zu ihren anderen hauptberuflichen Tätigkeiten „ausprobieren“ oder sind sie bereit, 100% ihrer Ressourcen dem Unternehmen zu widmen. Auch ein Business Angel, der über vertiefte Kenntnisse und Erfahrung in einem bestimmten Markt verfügt, hat sich naturgemäß bei weitem nicht so intensiv mit einer bestimmten Geschäftsidee auseinandergesetzt wie die Gründer, die die jeweilige Geschäftsidee selbst entwickelt haben. Um diesen Informationsnachteil weitestgehend zu kompensieren ist es für den Business Angel besonders wichtig, herauszufinden, wie sehr die Gründer von ihrer Geschäftsidee überzeugt sind.

Herausforderungen aufgrund vermeidbarer Komplexität

Gerade bei neu am Markt tätigen Business Angels besteht die Gefahr, durch vermeidbare Komplexität beim Beteiligungsprozess und Beteiligungsvertrag Barrieren zu schaffen. Solche Barrieren können dazu führen, dass eine Beteiligung gar nicht zustande kommt, weil bei den Gründern der Eindruck entsteht, dass sie durch einen vom Business Angel geschaffenen vermehrten administrativen Aufwand vom operativen Geschäft abgelenkt werden und sich deshalb für die Beteiligung keines oder eines anderen Business Angels entscheiden. Es kann aber auch der Fall eintreten, dass nach Einstieg des Business Angels der durch ihn geschaffene administrative Aufwand tatsächlich Ressourcen der Gründer bindet, die sie nicht dem operativen Geschäft widmen können.

Hier liegt die Herausforderung darin, Regelungen in Beteiligungsverträgen, Gesellschaftsverträgen, Syndikatsverträgen, etc. auf die Themen zu beschränken, die wirklich wichtig sind, dafür aber diesen Themen bei der Verhandlung und Ausformulierung besondere Beachtung zu widmen, sodass die entsprechenden Regelungen präzise, für alle Beteiligten leicht verständlich und somit auch leicht administrierbar sind. Welche Themen dies sind wird von den individuellen Verhältnissen des Business Angels einerseits und des Jungunternehmens sowie der Gründer andererseits abhängen. Aus diesem Grund sollte auf die ungeprüfte Verwendung von standardisierten Vertragstexten bei der Beteiligung eines Business Angels tunlichst verzichtet werden. Der Erfolg eines Business Angels realisiert sich erst beim Exit, aber ein optimal strukturierter und umgesetzter Einstieg ist unabdingbare Voraussetzung dafür.

Gastautor Dr. Bernhard Umfahrer gründete die Wirtschaftsanwaltskanzlei Umfahrer im Jahr 2013 in Wien. Davor war Dr. Umfahrer bei bpv Hügel Rechtsanwälte in Mödling/Wien und als Investmentbanking Analyst im Bereich M&A und IPO-Beratung bei Rothschild in Frankfurt am Main tätig. Die Schwerpunkte von Dr. Umfahrer sind M&A, Gesellschaftsrecht, Umgründungen, Private Equity und Venture Capital.

Trends verstehen und nutzen

“Die wahre Entdeckungsreise besteht nicht darin, dass man nach neuen Landschaften sucht. Sondern dass man mit neuen Augen sieht.” Marcel Proust

Wie die immer kürzer werdenden Innovationszyklen unserer Produkte befindet sich auch unsere gesamte Gesellschaft in ständigem Wandel. Er bestimmt Wirtschaft, Technik und Gesellschaft gleichermaßen und stellt neue Herausforderungen, insbesondere an Wirtschaftstreibende und Investoren. Wie aber kann man technologische und soziale Trends oder gar Megatrends von kurzzeitigen Hypes unterscheiden? Welche Geschäftsmodelle erscheinen nur kurz im Rampenlicht der Öffentlichkeit und welche können nachhaltig wirtschaftlich erfolgreich sein?

 

Megatrends sind jene epochalen Entwicklungen in unserer Gesellschaft, die sich über einen Zeitraum von 30 Jahren oder mehr erstrecken und alle Bereiche unseres Lebens auf vielfältige Weise verändern. Sie sind hochkomplex, bestehen aus unzähligen oft paradoxen Sub-, beziehungsweise Gegentrends und vor allem: Sie lassen sich von einzelnen wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Akteuren nur schwer bis gar nicht beeinflussen. Umso wichtiger ist es für Unternehmen und Investoren Entwicklungen wie Urbanisierung, Globalisierung oder den europaweiten Shift zur Dienstleistungsgesellschaft zu verstehen um zukunftsträchtige Business Modelle schon heute erkennen und entwickeln zu können. Welche Eigenschaften muss ein Produkt aufweisen, das in einem Land verkauft wird, in dem schon bald mehr als 20% der Bevölkerung über 60 sind? Und wie werden sich die Bedürfnisse und Konsumgewohnheiten zukünftiger Senioren von denen der alten Menschen, wie wir sie heute kennen, unterscheiden?

Die immense Wirkung von Megatrends auf jedes Geschäftsmodell bedeutet jedoch nicht, dass nicht auch Hypes und weniger tiefgreifende Veränderungen und Entwicklungen die Basis für ein erfolgreiches Geschäftsmodell sein können. Zum einen können sie sich, wie der Trend zu Bio-Lebensmitteln im tiefgreifenden Wertewandel Neo-Ökologie, im Fahrwasser eines anhaltenden Megatrends bewegen. Zum anderen funktioniert ein Hype im Idealfall sogar als Trendsetter und fügt sich zusammen mit anderen zu einer tiefer greifenden Entwicklung. Wer sein Geschäftsmodell also beispielsweise auf dem derzeitigen technologischen Trend Fabbing* aufbauen möchte, muss ihn zwangsläufig mit anderen Entwicklungen in Verbindung bringen um seine Rolle in der Business Welt von morgen solide zu bewerten.

Für einen erfolgreichen Investor ist es freilich zu wenig nur auf sein Bauchgefühl zu achten. Im Zeitalter von „Big Data“ sind wir heute in der glücklichen Situation so viele Informationen über unsere (potentiellen) Kunden zur Verfügung zu haben wie niemals zuvor. Das bringt jedoch auch die Herausforderung mit sich in all der niemals enden wollenden Datenflut („Noise“) die entscheidenden Muster und Zusammenhänge („Signal“) herauszufiltern. Nicht nur das WIE, welches sich in den Daten und Statistiken wiederspiegelt, sondern vor allem das WARUM ist für die Entwicklung und Beurteilung neuer Geschäftsmodelle relevant. Besonders die Sozialwissenschaften sowie die Trend- und Zukunftsforschung liefern uns hier ein umfangreiches „Tool Kit“ um das Handeln von Menschen nicht nur zu beobachten sondern auch zu verstehen und somit die zukunftsrelevanten Muster auszusieben. Delphi Methode, Trendfeldanalyse, Szenarioplanung und teilnehmende Beobachtung sind nur einige Werkzeuge, die in einer immer komplexer werdenden Gesellschaft rasant an Bedeutung gewinnen. Wer Trends analysieren und bewerten möchte, muss vor allem danach streben, wichtige Trendindikatoren, die sich beispielsweise auch in Utopien über die Zukunft – in Kunst, Design und Architektur wiederspiegeln, frühzeitig zu erkennen.

Schlussfolgernd plädiere ich dafür, einen technologischen oder gesellschaftlichen Trend, der oftmals die Basis von Innovation und neuen Business Modellen darstellt, immer vernetzt mit anderen Entwicklungen und insbesondere Megatrends zu betrachten. Nur so kann man die Nachhaltigkeit eines Geschäftsmodells bewerten und es gegebenenfalls nachjustieren. Nur wer die Kunden von morgen versteht und in unterschiedlichen Szenarien denkt, erkennt das Potential oder Nicht-Potential gegenwärtiger Trends schon heute.

 

* unter Fabbing versteht man die Technologie des 3D Druckens, von der sich viele eine neue industrielle Revolution erhoffen. Werden wir in Zukunft einen Großteil unserer Produkte zu Hause selbst drucken oder handelt es sich dabei nur um einen kurzfristigen Hype, der gar nicht das Potential zur Massentauglichkeit hat?

 

Michael Baumgartner, BA:

Michael Baumgartner studierte Kultur- und Sozialanthropologie sowie Betriebswirtschaft an der Universität Wien. Seit 2012 ist er als Autor und Berater unter anderem für das Zukunftsinstitut tätig. Sein Interesse gilt insbesondere jenen Sozialtrends und Dynamiken, die zukünftige Märkte maßgeblich bestimmen und neue Innovationsfelder schaffen.

 

Leseempfehlungen:

Naisbitt, John: Megatrends, Hestia Verlag Bayreuth, 1982

Horx, Mathias: Das Megatrend Prinzip, Deutsche Verlags-Anstalt, 2011

„Brain Drain“: Fluch oder Segen?

Wissen, Know-How, Kompetenz – beweglicher als je zuvor. Welche Herausforderungen entstehen daraus?

Am 30. und 31. Oktober ist es wieder so weit: Die Wiener Hofburg öffnet im Rahmen des „Pioneers Festivals“ ihre Pforten für Startups, Investoren und natürlich innovative Ideen. Jedoch ist lediglich jeder 1666. Österreicher derzeit Gründer eines Unternehmens. Viele qualifizierte oder talentierte Personen – darunter Unternehmer, Facharbeiter und Akademiker – entschließen sich zu einer Auswanderung für ihre Unternehmensgründung. Sie erhoffen sich anderorts bessere Standortvorteile, höheres Einkommen oder günstigere Forschungsbedingungen. Industrieländer stehen untereinander in einem ständigen Wettbewerb um außerordentlich qualifizierte Arbeitskräfte. Österreich schneidet im Vergleich der Innovationskraft relativ schlecht ab – von 142 Ländern belegt es lediglich Platz 23. Der Wirtschaftsstandort ist scheinbar nicht mehr so attraktiv wie er einst war.

Vor- und Nachteile des „Brain Drain“

Die Kosten der Ausbildung eines Menschen, beispielsweise bis zum Universitätsabschluss, sind immens. Wenn hochkarätig im Inland ausgebildete Arbeitskräfte in anderen Ländern Ihr Potenzial einbringen, kommt es in dem Land aus dem sie stammen zu volkswirtschaftlichen Verlusten. Was einerseits ein riesiges Problem darstellt, kann andererseits durch den Import von externen internationalen, ebenso topqualifizierten Arbeitskräften wieder ausgeglichen werden. Verantwortlich für das große Abwandern ist in den meisten Fällen die starke Anziehungskraft von Silicon Valley und Berlin. Diese sind die beliebtesten Ziele, wenn es darum geht, den Traum der Unternehmensgründung mit einem Internet-Startup zu verwirklichen.

 

Schattenseiten der Startup-Metropole

Doch Silicon Valley ist nicht mehr das gelobte Land, dies sollte jeder Business  Angel berücksichtigen. Gutes Personal ist teuer und dank der übermächtigen Konkurrenz von Google und Co. sind gerade Ingenieure und Entwickler schwer zu finden. Unternehmensbewertungen sind im Vergleich zu Europa ebenfalls deutlich höher. In einem Interview mit der „Zeit“ vom August 2013 erklärt der US-Architekt Scott Wyatt: „Im Silicon Valley ist der Wettbewerb um Arbeitskräfte und Ideen derzeit besonders hart, weil der Konjunkturzyklus dort einen Höhepunkt erreicht hat. Alle suchen nach dem nächsten großen Ding, das über die geschäftliche Zukunft entscheiden kann. Und die Unternehmen haben verstanden, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Leistung von Menschen und der Umgebung, in der sie sich befinden.“

 

Jedoch hat die Umgebung im Silicon Valley über die Jahre immer mehr an Qualität eingebüßt. Nach der Krise der „New Economy“ von Beginn 2000 bis 2004 kam es zu einem rasanten Anstieg der Arbeitslosenquote. Des Weiteren steigen sowohl Grundstückskosten, als auch Mietpreise kontinuierlich und es gibt Probleme in Verkehr und Umwelt, zum Beispiel in der Wasserversorgung –diese Faktoren führen zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Standortbedingungen. Daher kommen Startups oftmals von einer Auswanderung nach Silicon Valley zurück in ihr Heimatland. Die meisten betrachten ihre Zeit im Ausland als eine Art „Lernphase“, in der sie die nötigen Skills und Erfahrungen erwerben konnten, um sowohl mit einem besseren Team, als auch an einem geeigneteren Standort und in einem wirtschaftlich vorteilhafteren Umfeld weiter zu arbeiten. Diese Unternehmensgründer stellen interessante Investments für Business Angels dar und durch ihre Rückkehr können auch volkswirtschaftliche Verluste wiederum ausgeglichen werden.

Facharbeitskräfte und Akademiker

Um zu verhindern, dass Unternehmen viel Geld in die Ausbildung ihrer Angestellten investieren und diese anschließend kündigen, ist es essentiell, dass Manager darauf achten ihre Angestellten motiviert und interessiert zu halten. Mitarbeiter sollten die Möglichkeit haben zu avancieren, sowie von ihren Berufen erfüllt zu werden. Alan Hall, Geschäftsführer von „Mercato Partners“ – einer privaten Investmentgesellschaft für expandierende Unternehmen in den Vereinigten Staaten – meinte in einem Interview mit „Forbes“ 2013, dass sich Manager mehr um ihre Angestellten kümmern sollten.

Förderungen dämmen „Brain Drain“ ein

Damit einer Abwanderung österreichischer Jungunternehmer entgegengewirkt wird, fördert die Wirtschaftskammer Österreich bis maximal 70% der Sach- und Personalkosten themenoffener Projekte, welche risikoreich sind, einen hohen Schwierigkeitsgrad haben und realistische Verwertungsperspektiven enthalten. In der Realität jedoch scheinen die Bemühungen des Staates eher oberflächliche Wirkung zu haben. Förderungen sind schwierig zu bekommen, da viele Auflagen zu erfüllen sind und wenn, dann werden verhältnismäßig  kleine Beträge gefördert oder es muss bereits einiges vorfinanziert werden. Hierbei stellt sich natürlich die Frage, inwiefern unter diesen Bedingungen diejenigen gefördert werden, die es am meisten benötigen.

Fazit

Für Business Angels gilt, sinngemäß nach Johann Wolfgang von Goethe: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Im deutschsprachigen Europa in regionale Startups zu investieren lohnt sich: Ideen von Unternehmensgründern mit Auslandserfahrung, welche sich wieder in ihrer Heimat ansiedeln, stellen vielversprechende Investments dar. Für den Angel ist es in der Beratung seiner Startups natürlich vorteilhafter, wenn sie sich in seiner Nähe befinden, statt am anderen Ende der Welt. Am Ende des Tages muss jedoch jeder für sich entscheiden, welche Strategie er einschlagen möchte. Für alle unentschlossenen sei vielleicht eine Reise an die Westküste Kaliforniens anzuraten, um sich selbst ein Bild zu machen.

 

Julia Lipp studiert Medienmanagement an der FH St. Pölten mit wirtschaftlichem und medienbezogenem Schwerpunkt. Ihr Fokus liegt beispielsweise auf VWL, Informations- & Kommunikationssysteme und Medien- & Kommunikationsrecht. Ihre Fremdsprachen sind Englisch und Spanisch.

 

Quellen

https://www.forbes.com/sites/tompost/2013/03/15/the-great-american-brain-drain-why-24-million-people-quit-their-jobs-every-year/ zuletzt abgerufen am 16.08.2013

https://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=675250&dstid=0 zuletzt abgerufen am 16.08.2013

https://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?AngID=1&StID=386551&DstID=703 zuletzt abgerufen am 16.08.2013

https://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/1427903/Oesterreich-macht-wenig-aus-sich?from=suche.intern.portal zuletzt abgerufen am 16.08.2013

https://wirtschaftsblatt.at/home/life/dossiers/start_up/1441818/Pioneers_Wien-wird-zur-GruenderHauptstadt  zuletzt abgerufen am 16.08.2013

https://www.zeit.de/2013/32/architekt-nbbj-scott-wyatt  zuletzt abgerufen am 16.08.2013

https://www.diercke.de/kartenansicht.xtp?artId=978-3-14-100700-8&stichwort=Silicon%20Valley  zuletzt abgerufen am 16.08.2013